Kirchenkreis Halle/Saalkreis, Superintendent Hans-Juergen Kant
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„Hey Jesus, der Tag ist viel zu schön zum Sterben.“ Er reckt mir seine Bierpulle entgegen und gönnt sich einen Schluck. Hinter sich zieht er einen Bollerwagen – voll beladen mit Bier und Schierker Feuerstein. Mir fällt kein wirklich guter Konter ein: „Zieh du mal dein‘ Bollerwagen. Ich trag mein Kreuz. Mal sehen wer zuerst oben ist.“ Himmelfahrt. Die Sonne strahlt. Es ist knalle warm. Er und ich wir treffen uns auf dem Weg zur Himmelpforte – eine kleine Waldlichtung bei Hasserode im Harz. Vor Zeiten stand hier mal ein Kloster. Er will seine Jungs oben auf der Lichtung treffen. Und ich trage gerade mit meinem Kumpel Mo aus der Jungen Gemeinde ein riesiges Holzkreuz den Berg hinauf. Das Ding ist knapp drei Meter hoch und irre schwer. Wir haben beide Haare fast bis zum Hintern. Tragen Karohemden und natürlich Sandalen.
Man kann es dem Typen also nicht wirklich verdenken, dass er uns als Jesus verhohnepiepelt. Eigentlich ist das Kreuz viel zu schwer – selbst für zwei Halbstarke. Der Pfarrer wollte es eigentlich mit dem Anhänger hochfahren, aber tollkühn hatten wir entschlossen: „Jeder muss sein Kreuz tragen, Herr Pfarrer.“, sagten wir schmunzelnd, „Wir machen das!“ „Jeder muss sein Kreuz tragen. Verhebt euch nicht und seid pünktlich. Um zehn ist Gottesdienst an der Himmelpforte.“ Schon die ersten Meter waren eine Quälerei. Ich hing vorne zwischen den Balken wie ein Schluck Wasser und Mo hielt hinten die Stellung. Auf dem Weg liegen sieben Fischteiche. Nach dem Vierten konnte ich nicht mehr. Die Last des Kreuzes ließ mich immer krummer werden. Die scharfen Kanten der Balken drückten sich tief in meinen Nacken. Ich blieb stehen und ohne Worte ließ Mo seinen Teil zu Boden und nahm mir den Schwereren ab – „Danke, Alter!“ Ich machte den Rücken gerade, atmete tief durch und weiter ging‘s. Mo vorne, ich hinten. An der Himmelpforte wartete schon der Knabe mit dem Bollerwagen – der Kopf knallrot und er schwitzte wie wir erbärmlich. Wir setzen uns zu ihm. Das Kreuz hatten wir neben den Bollerwagen ins Gras gelegt. „Es ist vollbracht!“, prostete er uns zu. „Es ist vollbracht…“, hechelten wir, „Himmelpforte. Viel zu schön um zu sterben.“