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Evangelischer Kirchenkreis Halle-Saalkreis

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28.01.2025

Emmaus-Gemeinde lädt zu Infoabend zum Bau des IKC

Mit ca. 50 Personen war am vergangenen Samstag der Gemeindesaal in der Neustädter Emmausgemeinde bis auf den letzten Platz gefüllt. Zu Gast war der Vorstand des Islamischen Kulturzentrum (IKC). Er war gekommen, um den aktuellen Stand des geplanten Erweiterungsbaus vorzustellen und offene Fragen der Anwesenden zu diskutieren.

Warum wir? Warum hier? - Begrüßung und Einstimmung

Pfarrerin Hanna Henke aus der gastgebenden Emmausgemeinde erinnerte in ihrer Begrüßung an die eigene bewegte Geschichte der Gemeinde: „Wir mussten uns auch behaupten“ und eben dies verbinde die christliche Gemeinschaft mit ihren muslimischen Nachbarn. „Es ist normal, dass wir nicht alles voneinander wissen. Es ist normal, dass sich daraus Vorurteile bilden. Daher ist es gut einander kennenzulernen“, betont die Theologin und resümiert „Für uns hat das geklappt.“

Vorstellung des Bauprojekts

Mehr als eine halbe Stunde dauerte der Vortrag der beiden Vorstände Dr. Alaa Moustafa und Djamel Amelal zu Geschichte, Plänen und aktuellem Umsetzungsstand des IKC. Darin betonten sie immer wieder, dass es sich – entgegen zu diversen Behauptungen im Wahlkampf und Sozialen Medien - explizit um keine Moschee handelt, sondern um einen multifunktionalen Erweiterungsbau mit Gebetsraum. Das äußerliche Erscheinungsbild, vorgestellt in einem Modellbild, verdeutlichte diesen Unterschied baulich.

In Kürze einige weitere Elemente aus dem Vortrag:

Hintergrund und Bedarf:

  • Bereits seit 2007 befindet sich das IKC am aktuellen Standort.
  • Muslime aus 40 Nationen haben hier ihre spirituelle Heimat gefunden.
  • Neben dem geistlichen Angebot der regelmäßigen Gebetszeiten liegt ein besonderes Augenmerk auf integrativen Angeboten, z.B. in Zusammenarbeit mit der Polizei.
  • Mit dem Anwachsen der Gemeindegliederzahlen (seit 2015 durch den vermehrten Zuzug von muslimischen Migranten aufgrund geopolitischer Verwerfungen) stellt insbesondere das Freitagsgebet eine logistische Herausforderung dar. Aufgrund des zu geringen Raumes im Innenbereich müssen die Gläubigen bei Wind und Wetter ihrem spirituellem Bedürfnis unter freiem Himmel nachkommen.
  • Am Wochenende ist das IKC zudem Treffpunkt für ca. 500 Kinder, betreut von 25 Ehrenamtlichen, was ebenfalls ein Kapazitätsproblem darstellt.
  • Die derzeitigen Räumlichkeiten sind zudem durch die vielfältige Nutzung von Beratung, Workshop und Besichtigungsangeboten ausgelastet.
  • Ein Erweiterungsbau soll Abhilfe schaffen und die für alle Beteiligten – also Muslime wie auch Anwohnerinnen und Anwohner – Entspannung schaffen.
  • Für 250.000 Euro wurde von der Stadt ein benachbartes Areal erworben. Finanziert wurde dies durch die Gemeinde selbst (Spenden).

Im Anschluss an die Präsentation konnten die Anwesenden Fragen stellen.

Einige Fragen und Antworten

  1. Warum dieser Standort? Der Vorstand betonte, dass das IKC bereits Eigentümer des Grundstücks ist und die Infrastruktur des Standorts mit der Nähe zu Bus und Straßenbahn optimal sei. Ein Umzug an einen dezentraleren Ort würde zudem erhebliche Kosten verursachen. „Das Gebetshaus muss dort sein, wo die Menschen sind,“ unterstützte Pfarrer Christoph Eichert das Ansinnen.
  2. Ist für das IKC weiterer Zuwachs zu erwarten? Auf die Sorge, das Zentrum könnte eine höhere Anziehungskraft ausüben (polemischer „Fliegenfänger“-Vergleich), wodurch noch mehr Muslime zum IKC kämen, betonte der Vorstand, dass keine Zunahme der Besucherzahlen erwartet werde. Ebenso wenig stelle eine andere Gebetsstätte im Osten Halles eine Entlastung dar, da es sich hierbei um eine andere Gemeinde handle.
  3. Führt der Neubau nicht zu einer Verschärfung der Parkplatzsituation? Obwohl ein Großteil der Nutzerinnen und Nutzer des IKC mit dem ÖPNV oder zu Fuß anreisen, wurde dieser Bedingung in dem geänderter Bauantrag Beachtung geschenkt und eine Tiefgarage integriert. Mit Blick auf die möglich Nutzung des neu entstehenden Parkraumes sagt Djamel Amelal: „Das bietet auch einen Vorteil für die Anwohner.“
  4. Wie wurden Anwohnern bislang eingebunden? Der Vorstand verwies auf bereits stattgefundene Begegnungs- und Gesprächsangebote. Auch weiterhin sei man bereit zu Aufklärung und Dialog.
  5. Warum muss es ein Neubau sein? Wäre eine Entzerrung des Menschenandrangs durch mehrere Gebetszeiten nicht ausreichend? Die Gebetszeiten gibt der Koran vor (durch Sonnenstände vordefiniert). Zudem gibt es bereits zwei Freitagsgebete in dem Zeitfenster. Ein weiteres würde mit dem dann anschließenden Nachmittagsgebet kollidieren.

Weitere Eindrücke

Die Diskussion verlief über weite Strecken sachlich, auch wenn es vereinzelt emotional wurde. Polemische Einlassungen waren zum Glück die Seltenheit (siehe „Fliegenfänger“). Nichtsdestotrotz gerieten die beiden Vorstände oft in die Defensive. Ein Teilnehmer brachte seine Enttäuschung über die Art der Debatte daher auch zum Ausdruck: „Es beschämt mich, dass Menschen, die sich gesellschaftlich engagieren, sich hier rechtfertigen müssen.“ Er verband dies gleich mit der Frage, welche Unterstützung seitens des IKC gewünscht wird, deren Beantwortung im Bündel weiterer Fragen leider in Vergessenheit geriet. Der Beauftragte des Kirchenkreises für die Arbeit mit Migrantinnen und Migranten, Peter Kube, suchte dies daher wie folgt zu beantworten: „Das IKC ist ein Teil unserer Gesellschaft. Es liegt an uns, die Rahmenbedingungen für ein gutes Zusammenleben zu schaffen.“

Abschließendes

Die Veranstaltung im Neustädter Gemeindezentrum bot eine Chance, bestehendes Unwissen und damit Vorurteile abzubauen. Dies kann aber nur im respektvollen Diskurs auf Augenhöhe gelingen. Hier sind lokale und kommunale Verantwortungsträger nochmals in besonderer Weise gefordert, bestehende Sachverhalte nicht nach unterschiedlichen Maßstäben zu messen. So mag die Frage nach der Finanzierbarkeit des Projektes vielleicht legitim sein, wäre aber aller Wahrscheinlichkeit nach in anderen Konstellationen (z.B. Bau eines Einkaufsareals) nie gestellt worden. Es zeugt von mangelnder Religionssensibilität, wenn Menschen sich für die Form der Ausübung ihrer spirituellen Traditionen auf eigenem Grund und Boden rechtfertigen müssen. Einer Großstadt wie Halle, die sowohl strukturell wie auch kulturell auf verschiedene Milieus angewiesen ist, steht eine solche Ungleichbehandlung nicht gut zu Gesicht.

Demgegenüber hat die Emmausgemeinde mit ihrer Einladung zu diesem Gesprächsforum einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung der Situation geleistet. Nun liegt es an Politik, Zivilgesellschaft und allen Beteiligten, den eingeschlagenen Weg des Dialogs fortzusetzen.

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