Kirchenkreis Halle/Saalkreis, Superintendent Hans-Juergen Kant
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27.02.2024
Im Stellenplan „2035“ soll eine große Bandbreite an Perspektiven Berücksichtigung finden. Um auch den Anliegen der Mitarbeitenden aus Pfarramt, Gemeindepädagogik und Kirchenmusik Gehör zu verschaffen, trafen sich diese am zurückliegenden Mittwoch, d. 21. Februar 2024 in der halleschen Bartholomäusgemeinde. „Es ist gelungen, über den Stellenplan zu sprechen, ohne über den Stellenplan zu sprechen“, lautete ein Resümee dieses sogenannten Gesamtkonvents.
Dass am Ende ein solch lobendes Fazit stand, lag an der guten Vorbereitung des Treffens. Klare Regeln sowie ein ebenso ambitionierter wie auch stringenter Fahrplan sorgten dafür, dass zielorientiert am Thema gearbeitet wurde. Impulse, Diskussionsrunden, Ideensammlungen, Pro-und-Kontra-Erhebungen und ein abschließendes Votum kennzeichneten die sechs intensiven Stunden.
Getragen wurde das Treffen von einem Skizzenpapier, dass eine mögliche Stellenkonstellation im Jahr 2035 in den Blick nahm. Das vorliegende Dokument deutete an, wo nach Einschätzung des Struktur- und Stellenplanausschusses der Kreissynode mögliche Veränderungen in der Mitarbeitendenlandschaft möglich und notwendig werden könnten.
Im Lichte dieser Stellenplanskizze zogen sich die (noch existierenden) Bereiche „Nord-Ost“, „Süd-West“ und „Stadt“ zu Austauschrunden zurück. Von wertschätzendem Respekt („Danke!“) über Schock („Wenn man von Bestehendem noch etwas wegnimmt, wo bleibt da noch Raum für Innovation?“) bis hin zu Enttäuschung („Wo ist das neue? Da steckt viel Bewahrendes drin.“) reichten die Reaktionen. Kritischen Nachfragen („Gibt es außer den Mitgliederzahlen auch noch andere handlungsleitende Kriterien?“) standen Zeichen der Wertschätzung für die geleistete Vorarbeit („Das Papier lässt auch Mut in Zeiten des Kleinerwerdens erkennen!“) gegenüber.
Im Anschluss an diese sogenannten „Resonanzrunden“ stand die Diskussion im Plenum auf dem Programm. Um sich nicht im detaillierten Klein-Klein zu verlieren, markierten vier Grundsatzfragen den anschließenden Gesprächsverlauf.
(* geografisch, rechtlich und/oder organisatorisch abgegrenzte Gemeinschaft von Gläubigen, im Kirchenkreis Halle-Saalkreis i.d.R. als Pfarrbereiche definiert)
Die Befürworter dieses Ansatzes hoben insbesondere den identitätsstiftenden Faktor der Parochie hervor. Glaube sei stark mit Identität verbunden und eine, über lokale Bezüge hinausgehende Region ist kein geistbesetzter Ort. Die Parochie steht einer regionalen Zusammenarbeit, dort wo es sinnvoll ist (Stärkung der Highlights und der wirtschaftlichen Kraft), nicht im Wege. Sie definiert aber eine(n) klar definierte(n) Ansprechpartner*in vor Ort als Granat für Stabilität im Kontext einer ausbalancierten regiolokalen Gemeindeentwicklung.
Dem wurde entgegengehalten, dass es die oder den Ortspfarrer*in im klassischen Sinne ehedem nicht mehr gibt. Beziehungsarbeit und im speziellen die seelsorgerliche Begleitung von Menschen ist auch außerhalb definierter Parochien möglich und schon längst Realität.
Auch wenn das jüngst verabschiedete Erprobungsraumgesetz dies kirchenrechtlich ermöglicht, so hinterfragten die Kritiker*innen die praktische Umsetzung dieses Ansatzes: Wie können Gremien (z.B. Gemeindekirchenräte) dann noch geleitet werden? Wie wird der Ebene des Ehrenamtes in dieser Struktur der Zusammenarbeit Beachtung geschenkt? Und kann ein gleichberechtigtes Miteinander auf Augenhöhe bei den aktuellen Gehaltsunterschieden zwischen den einzelnen Berufsgruppen überhaupt gelingen?
Die Befürworter dieses Modells halten dem entgegen, dass die Parochie durch ihre Begrenzung dem Teamgedanken und somit einer Kirche der Zukunft hinderlich ist. Teamarbeit und Kontinuität müssen sich nicht ausschließen, im Gegenteil. Möglichen Herausforderungen in der Schwerpunktbildung kann durch eine klare Struktur, Begleitung und Supervision von Beginn an wirkungsvoll begegnet werden. Damit können multiprofessionelle Teams stets auf Veränderungen reagieren. Denn die den einzelnen Berufszweigen Pfarramt, Gemeindepädagogik und Kirchenmusik innewohnende Breite an Kompetenzen ergänzt sich ebenso wie die individuelle Gabenvielfalt der Stelleninhaber*innen untereinander. Nicht zuletzt befruchtet eine vorgelebte gleichberechtigte Teamarbeit im Hauptamt im Idealfall auch das gemeindeübergreifende Miteinander auf Ebene des Ehrenamts, wie z.B. in der Gemeindeleitung.
Die zurückliegende Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der EKD zeige deutlich, dass ein Schwerpunkt des künftigen Tuns in der Arbeit mit Kindern, Jugend und Familie liegen sollte. Darin erblickten die Kritiker der vorgelegten Skizze einen Auftrag, die gemeindepädagogischen Ressourcen vor Ort weniger zu kürzen, wenn nicht sogar weiter auszubauen. Solch eine verstärkte Zuwendung an jüngere Generationen zeichne ein moderneres Bild von Kirche. Das kann nur gelingen, wenn in der Gemeindepädagogik lebbare Stellen erhalten bzw. geschaffen werden. Solch eine Prioritätensetzung stärkt zudem die regiolokalen Teams in ihrer Professionalität, indem sie theologische und pädagogische Kompetenzen gleichmäßiger verteilt.
Auch diese Position bleibt in der Diskussion nicht unwidersprochen. Es sei eine Illusion, dass eine verstärkte Gemeindepädagogik in der Lage sei, den aktuellen Mitgliederschwund aufzuhalten. Auch spricht die aktuelle Bewerbersituation nicht dafür die Gemeindepädagogik zu Lasten anderer Bereiche des Verkündigungsdienstes weniger zu kürzen. Richtig sei aber, dass es zu einem Umdenken des pfarramtlichen Rollenverständnisses kommen muss. Kinder kämen insbesondere dann, wenn den Eltern dies wichtig sei. Daher ist neben der Schaffung attraktiver Angebote für Kinder und Jugendliche auch die geistliche Begleitung der Eltern durch das Pfarramt wichtig.
Unabhängig, ob es zu geringeren oder gar keinen Kürzungen in der Gemeindepädagogik kommt, sollten Mitarbeitende in den Kindertagesstätten des Kirchenkreises weiter in religiöser Bildung befähigt werden.
Auch die abschließende Pro-und-Kontra-Runde wurde nochmals kontrovers diskutiert. Bereits in der Einführung in die zu bearbeitende Fragestellung offenbarten sich die beiden Seiten der Medaille – insbesondere dann, wenn man den städtisch geprägten Kontext den ländlichen gegenüberstellt. Könnten die einen mit ihrer Dienstwohnung auf dem freien Markt wesentlich höhere Einnahmen erzielen, wären wieder andere Pfarrhäuser nur schwer vermietbar. Wo eine Dienstwohnung einen attraktiven Mehrwert bei der Stellensuche ausmacht, kann sich eine Residenzpflicht anderenorts negativ auf die Bewerberzahlen auswirken. Ähnlich divers war auch die sich daran anschließende Diskussion.
Die Befürworter der Abkehr von Residenzpflicht und Dienstwohnung betonten die Distanz zum Arbeitsort als Qualität. Zum einen, um einer möglichen Überforderung (Burn-out) entgegenzuwirken. Zum anderen wird dem/der Stelleninhaber*in die Chance eröffnet Abstand von der Arbeit zu gewinnen und neue Impulse von außen in die Gemeinde zu tragen.
Die Stimmen, die sich für eine Beibehaltung des Residenz- und Dienstwohnungspflicht aussprachen, führten an, dass auch das „Pendeln“ zwischen Wohn- und Dienstort ein nicht unerheblicher Burnout-Faktor sei. Darüber hinaus wird der Wohnungsmarkt im städtischen Kontext immer umkämpfter. Daher kann es reizvoll sein, potentiellen Bewerber*innen ein arbeitsortnahes Wohnungsangebot anbieten zu können. Selbst wenn die Vermietung von Pfarrhäusern an Externe höhere Einnahmen generieren kann, so kann dies auch zu Auseinandersetzungen mit Mieterinnen und Mietern kommen, die sich vom Gemeindeleben im Pfarrhaus gestört fühlen. Nicht zuletzt war und ist das Pfarrhaus immer auch ein Ort der Beständigkeit und des Schutzes (z.B. Kirchenasyl). Es sei daher gut zu wissen, wo ein(e) Ansprechpartner*in zu finden sei.
Das abschließende Voting zu den diskutierten vier Fragen brachte zu großen Teilen ein ähnlich diverses Bild hervor. Trotzdem waren Tendenzen zu Gunsten einer geringeren Kürzung im Bereich der Gemeindepädagogik und der Stärkung der Zusammenarbeit in Teams unter Aufhebung der Parochie wahrnehmbar.
Als Unterstützung von Kirchenkreis und Kreiskirchenamt in diesem regiolokalen Entwicklungsprozess wünschen sich die Mitarbeitenden eine kontinuierliche fachliche Begleitung, die Förderung der Teamentwicklung von Beginn an, Entlastungen in der Verwaltungstätigkeit sowie eine stärkere strukturelle Einbindung des Ehrenamtes.
Bevor sich der Struktur- und Stellenplanausschuss mit den Ergebnissen befassen wird, treffen sich am 13. März 2024 die Gemeindekirchenratsvorsitzenden mit Superintendent Hans-Jürgen Kant und weiteren Ausschussmitgliedern. Auch da – so die Absicht – soll ein Stimmungsbild zu den aktuellen Grundsatzfragen erhoben werden.
Beide Ergebnisse wird der Ausschuss in die weiteren Überlegungen einbeziehen, um dann dem Kreiskirchenrat sowie der Frühjahrssynode 2024 eine überarbeitete Skizze zur „Stellenplanung 2035“ als Diskussionspapier vorzulegen.
Abschließender Hinweis: Der hier nachzulesende Bericht beruht auf den persönlichen Wahrnehmungen des anwesenden Redakteurs. Alle Angaben sind ohne Gewähr und besitzen keinerlei rechtliche Beweiskraft.